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Anhang

Gehirnwäsche ja oder nein

   Der Musiker, Komponist, Dichter und Journalist Christian Daniel Friedrich Schubart (1739-1791) gab in Württemberg die »Deutsche Chronik« heraus. Er schrieb in ihr gegen das feudale Leben der Fürsten, das harte Los der Bauern, die geldbezogene Glaubensauslegung der Jesuiten, den Verkauf von »Landeskinder« an kriegsführende Länder. Für Schubart war ein besonders ungerechter und brutaler Despot Karl Eugen, Herzog von Württemberg.

   Um den störenden Schreiberling ruhig zu stellen, lockte der Herzog ihn in eine Falle und kerkerte ihn auf der Festung Hohenasperg für über zehn Jahre ein, ohne Anschuldigung und Verhandlung. Im Kerker erfuhr der gläubige Christ eine brutale »Umerziehung zum gläubigen Christen«.

   Nach der Haft zeigte sich Karl Eugen generös und bot ihm die Stelle des Musikdirektors in Stuttgart an. Schubart willigte ein, gleichzeitig ließ er die Deutsche Chronik wieder aufleben, zum Leidwesen des Herzogs.

   Das lustig-frivole bis brutal-ernste Drama überzeugt auch durch viele Originalzitate und Originaltexte. Die Geschichte unterteilt sich in drei Akten: vom leichtlebigen, kritischen Schreiberling Schubart über dessen Gefangennahme und Kerkerzeit bis zum unerwarteten, turbulenten Wirken in Stuttgart. Vermittelt wird ein unterhaltsamer Einblick in Politik, Religion, Gesellschaft und Presse des 18. Jahrhunderts.

   Bis heute sind sich Historiker uneins, ob Schubarts Geist während der Kerkerzeit in der Festung Hohenasperg gebrochen wurde oder nicht. Ob die »Gehirnwäsche«, für die der Ludwigsburger Dekan Georg Sebastian Zilling hauptsächlich verantwortlich war, Erfolg hatte oder nicht.

 

Lebensdaten von Christian F. D. Schubart

1739

   Am 24. März in Obersontheim geboren. Vater ist Kantor und Pfarrverweser.

1740

   Familie Schubart zieht nach Aalen.

1753

   Schüler des Lyceums in Nördlingen.

1756

   Schüler der ‚Zum Heiligen Geist’-Schule in Nürnberg.

1758

   Student der Theologie in Erlangen. Kommt wegen offener Schulden in Haft.

1760

   Hauslehrer und Hilfsprediger in Aalen.

1763-69

   Schulmeister in Geislingen.

1764

   Am 10. Januar Eheschließung mit Helen Bühler. In den folgenden drei Jahren Geburt des Sohnes Ludwig und der Tochter Julie.

1769-73

   Organist, Musikdirektor und Hauslehrer in Ludwigsburg. Zerwürfnis mit dem Dekan Zilling.

1773

   Haft wegen ehebrecherischen / unmoralischen Verhaltens. Ausweisung aus dem Herzogtum Württemberg.

1773-74

   Aufenthalte in Heilbronn, Heidelberg, Mannheim  und München.

1774-75

   Journalist in Augsburg. Am 31. März 1774 erscheint die ‚Deutsche Chronik’.

1775-77

   Journalist in Ulm. Die ‚Deutsche Chronik’ wird in Ulm herausgegeben.

1777

   Am 23. Januar hinterhältige Gefangennahme in Blaubeuren auf Befehl des Herzogs von Württemberg, Karl Eugen. Inhaftierung auf dem Hohenasperg bei Ludwigsburg. Strenge, 377 Tage dauernde Einzelhaft. Kein Schreibmaterial. Als Schubart mit der Spitze der Lichtputzschere Gedichte in die Wand ritzt, werden die Spitzen der Schere abgefeilt und die Gedichte abgekratzt.

1778

   Ab 3. Februar bessere Haftbedingungen. Erlaubnis zum Schreiben. Empfang von Besuchern, unter anderem Friedrich Schiller.

1787

   Am 11. Mai Haftentlassung. Anstellung als Musikdirektor und Theaterdirektor in Stuttgart. Ab Juli Neuerscheinen der ‚Deutschen Chronik’ unter dem Titel ‚Vaterländische Chronik’.

1791

   Am 10. Oktober stirbt Christian Friedrich Daniel Schubart in Stuttgart.

 

Die Jesuiten und die katholische Kirche

   Der Spanier Ignatius von Loyola gründete 1540 die Societas Jesu (Gesellschaft Jesu), die Papst Paul III. noch im gleichen Jahr als Orden anerkannte. Aufgrund des absoluten Gehorsams, der strikten Disziplin, straffen Hierarchie, großen Flexibilität und Ortsunabhängigkeit - die Jesuiten leben nicht im Kloster – konnte der Orden schnell wachsen und in vielen Ländern aktiv werden.

   Über die Bildung öffneten sich die Pforten zu den katholischen Fürstenhäusern. Diese holten die Jesuiten als Lehrer und auch als Beichtväter und Ratgeber an ihre Höfe. Als Beichtväter ließen sie mildernde Umstände gelten, so dass die Buße für die Betroffenen nicht selten deutlich geringer als üblich ausfiel – zum Vorteil der Ordensbrüder. Sie gewannen großen, politischen Einfluss. Der Volksmund übersetzte das Ordenszeichen »SJ« mit »Schlaue Jungs«. Aufgrund der unterschiedlichen Strafen für Büßer entstand der negative Begriff Jesuitenmoral.

   Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelten Gegner, ihnen war der Orden zu mächtig geworden, diverse Verschwörungstheorien. Den Jesuiten wurde unter anderem vorgeworfen, die Neuzeit zu behindern und mit Intrigen und Verleumdungen eigene machtpolitische Interessen zu verfolgen. Papst Clemens XIV. löste schließlich am 21. August 1773 den mächtigsten Männerorden der katholischen Kirche auf. Am 7. August 1814 ließ Papst Pius VII. den Orden wieder zu.

 

Karl Eugen, Herzog von Württemberg

   Die Amtszeit von Karl Eugen (1728-1793) als Herzog von Württemberg dauerte von 1744 bis 1793. Als 20-jähriger heiratete er Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth (1748), die ihn acht Jahre später (1756) aufgrund seiner vielen Mätressen verließ. Über die Mätressen hatte sie die Opernsängerin und Freundin Marianne Pyrker informiert, worauf der Despot das Ehepaar Pyrker ohne Gerichtsverfahren jeweils mit acht Jahren Einzelhaft auf dem Hohenasperg bestrafte. Während der Haftzeit verlor die Sängerin ihre Stimme und wurde wahnsinnig.

   Der Herzog führte ein ausschweifendes Leben und veranstaltete kostspielige Bälle, Konzerte, Theater-, Ballett- und Opernaufführungen sowie Schlittenfahrten, Feuerwerke und vor allem Jagden. Damit stets genug Wild vorhanden war, mussten die Bauern es unter Androhung einer Zuchthausstrafe gewähren lassen, auch wenn es die Ernte zerstörte. Obendrein mussten sie als Treiber zur Verfügung stehen, einerlei ob dringende Feldarbeiten anstanden oder nicht. Nicht selten gingen die Züge der Jäger samt Gefolge über angelegte Felder. Über tausend Jagdhunde wurden gehalten, viele von ihnen mussten die Bauern versorgen.

   Dazu kamen teure Bauten wie Schlösser, Gartenanlagen und Schauspielhäuser. Darunter das Neue Schloss in Stuttgart, das Carl-Eugen-Appartement im Residenzschloss Ludwigsburg, das Seeschloss Monrepos, die Schlösser Grafeneck, Solitude, und Hohenheim sowie das Ludwigsburger Opernhaus - seinerzeit das größte in Europa.

   Das Geld für seine Vergnügungssucht und Willkür beschaffte sich der Herzog durch Steuererhöhungen, den Verkauf von Amtsstellen, durch Übergriffe auf die Kasse des Kirchenrats. Als die Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes erreicht war, verkaufte er Untertanen als Soldaten an kriegführende Staaten. Da sich nicht genug Freiwillige meldeten, wurden viele junge Männer mit grausamer Strenge zum Dienst gezwungen. Wer desertierte wurde mit dem Tod bestraft, wer einem Deserteur half, verlor das Bürgerrecht und kam ins Zuchthaus.

   Verfassungswidrige Steuern, das Eintreiben der Steuerbeträge durch Offiziere, die Einkerkerung des Staatsrechtslehrer Johann Jakob Moser (1701-1785) für fünf Jahre auf dem Hohentwiel – er sah aufgrund des verfassungswidrigen Verhaltens des Herzogs den Ungehorsam der Untertanen als gerechtfertigt an – veranlassten die Landstände 1764 zu einer Klage vor dem Reichshofgericht in Wien. Dieses gab der Klage 1770 in allen Punkten Recht. Der Herzog musste fortan finanziell kürzer treten, was in einigen Bereichen bei ihm zu einem Wandel führte.

   Er kümmerte sich mehr um Regierungsangelegenheiten, gründete eine Militärakademie – die spätere Hohe Karlsschule. In ihr konnten neben adligen Söhnen auch begabte junge Männer der niederen Stände nach strengen militärischen Regeln studieren. Unter den eisernen Auflagen litt auch der Karlsschüler Friedrich Schiller.

   Doch trotz des Wandels, zu dem ebenso eine öffentliche Entschuldigung für seine sogenannten Jugendsünden gehörte, zeigte er sich immer wieder auch als Gewaltherrscher. Davon zeugen die heimtückische Gefangennahme von Schubart und dessen über zehn Jahre dauernde Einkerkerung auf dem Hohenasperg sowie der Verkauf von gewaltsam rekrutierten Landeskinder als Soldaten an die niederländisch-ostindische Kompanie (1786). Von dem Kapregiment (3200 Soldaten), so die allgemeine Bezeichnung, kehrten nicht einmal 100 Mitglieder wieder zurück. Schubart widmete den Soldaten und ihrem Schicksal ein Gedicht, das er auch vertonte, und das als das Kaplied alsbald in aller Munde war.

   Karl Eugen werden offiziell 77 Söhne zugeschrieben. Viele mit Frauen des niederen Standes gezeugt, denen er keine Wahl ließ. Die Zahl der Töchter ist unbekannt. Einige seiner Söhne verpflichtete er für das Kapregiment, was eine beabsichtigte Entsorgung bedeutete.

 

Franziska von Leutrum, Mätresse, Herzogin

   Franziska von Hohenheim (1748-1811), geborene Franziska Freiin von Bernerdin, heiratete 1765 Friedrich Wilhelm Leutrum von Ertingen. 1771 wurde sie die Mätresse des Herzogs von Württemberg, Karl Eugen. Nach ihrer Scheidung und dem Tod von Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth, Ehefrau von Karl Eugen, schloss sie – inzwischen zur Reichsgräfin von Hohenheim erhoben – den Ehebund mit dem Herzog. Damit fiel ihr auch der Titel Herzogin von Württemberg zu.

   Mit der Ernennung zur Reichsgräfin von Hohenheim hatte der Herzog ihr den bei Hohenheim gelegene Garbenhof geschenkt, der in der Folgezeit zum repräsentativen Schloss Hohenheim ausgebaut wurde. Ihr wird ein großer Anteil am Wandel von Karl Eugen – vom rücksichtslosen Tyrannen zum fast fürsorglichen Landesvater – zugesprochen. Ab 1771 habe sie aufgrund ihres guten Einflusses seine Rückfälle in die Tyrannei zumindest abgemildert.

   In einigen Fällen mag Zweifel angebracht sein. Die Gefangennahme und Einkerkerung von Schubart (1777), der sie in der Deutschen Chronik unter anderen als eine glimmende und stinkende Lichtputze bedacht hatte, dürfte ihre Zustimmung gefunden haben. Angeblich seien der Herzog und sie bei Schubarts Einlieferung auf den Hohenasperg zugegen gewesen.

   Der Verkauf der Landeskinder (1787, Kapregiment) brachte Geld in die Kasse, aus der auch der Weiterbau von Schloss Hohenheim, die bevorzugte Wohnstätte und Erholungsstäte des Herzogpaars, bezahlt wurde.

 

Gefängnisse: Hohentwiel und Hohenasperg

   Gleich zwei Festungen, jeweils als Gefängnis genutzt, standen dem Herzog von Württemberg zur Verfügung, um unliebsame Untertanen wegzusperren – oftmals ohne Anklage und gerichtliche Verurteilung. Das Gefängnis Hohentwiel liegt bei Singen, das Gefängnis Hohenasperg bei Ludwigsburg.

   Der Herzog ließ den aufgrund einer Intrige in Ungnade gefallenen Oberst Philipp Friedrich von Rieger knapp fünf Jahre auf der Festung Hohentwiel festsetzen. Nach seiner Rehabilitierung war er der strenge Kerkermeister von Schubart.

   Marianne Pyrker, Opernsängerin und Vertraute von Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth, erste Ehefrau von Karl Eugen, war wegen Indiskretionen zuerst in der Festung Hohentwiel in Haft, danach wurde sie auf den Hohenasperg verbracht. Der Staatsrechtlehrer Johann Jacob Moser, Berater der württembergischen Landstände und Befürworter einer Ungehorsamkeit gegenüber Karl Eugen aufgrund dessen Verfassungsverstöße, musste auf dem Hohentwiel fünf Jahre in Einzelhaft verbringen.

   Schubarts Einkerkerung machte den Hohenasperg berühmt. Er war ein bekannter Autor, Dichter, Musiker und Komponist. Zahlreiche Persönlichkeiten, darunter Schiller und Goethe, setzten sich für seine Freilassung ein. Ebenfalls auf dem Hohenasperg eingesperrt war der Tübinger Oberamtsmann Johann Ludwig, der die Bürger seiner Stadt aufgefordert hatte, die von Herzog Karl Eugen geplante Vermögenssteuer zu verweigern.

 

Philipp Friedrich von Rieger, Kerkermeister

   Für Karl Eugen rekrutierte Philipp Friedrich von Rieger (1722-1782) männliche Untertanen als Soldaten, die gegen Bezahlung Kriegsherren zeitweise oder ganz überlassen wurden. Dabei ging er ziemlich brutal vor. Er ließ zum Beispiel Dörfer umstellen, um so von vornherein jeden Fluchtweg abzuschneiden, und schickte dann seine sogenannten Werber in die Siedlungen hinein. Diese zwangsverpflichteten jeden männlichen, tauglichen Bewohner, ohne Rücksicht auf deren Familien und Verpflichtungen wie Bewirtschaften eines Bauernhofs. Verweigerer und Desserteure ließ er erschießen. 1760 wurde Rieger zum Oberst ernannt und damit zum ersten Militärverantwortlichen.

   Sein Gegenspieler beim Herzog von Württemberg war Friedrich Samuel von Montmartin (1712-1778), der Premierminister. Für Montmartin hatte der Oberst zu viel Einfluss. Um das zu ändern, initiierte er eine Intrige. Anhand von gefälschten Briefen beschuldigte er ihn des Landesverrats – im Geheimen würde er mit Gegnern auf preußischer Seite paktieren.

   Karl Eugen degradierte seinen obersten Soldaten und kerkerte ihn von 1762 bis 1766 auf dem Gefängnis Hohentwiel ein. 1775 wurde Rieger rehabilitiert. Ab 1776 bis zu seinem Tod war er Kommandant der Festung und des Staatsgefängnisses Hohenasperg. Rieger war der Pate von Friedrich Schiller.

 

Georg Sebastian Zilling, Dekan, Stadtpfarrer

   Der evangelische Theologe, Stadtpfarrer und Dekan in Ludwigsburg, Georg Sebastian Zilling (1725-1799), galt als rückwärtsgewandt und engstirnig. Als fanatischer Pietist versuchte er jeden von seinen pietistischen Lehren zu überzeugen. Dabei hatte er es nicht leicht, denn vor der Kirchentür, am Ludwigsburger Hof, veranstaltete Herzog Karl Eugen ausschweifende, unbotmäßige Feste. Herren, die ohne schwarzen Mantel zum Abendmahl kamen, wies der Dekan vor der ganzen Gemeinde vom Altar zurück.

   Als die Stelle des Organisten und Musikdirektors frei wurde (1769), konnte sich Zilling mit seinem Freund Friedrich Jahn als Kandidat nicht durchsetzen. Schubart, der mit seinem Los als Schulmeister in Geislingen unglücklich war, wurde die Stelle zugesprochen. Des Dekans unerbittlicher Groll über die verlorene Machtprobe konzentrierte sich auf den neuen Stelleninhaber. Zumal dieser mehr Kirchengänger mit seinem Orgelspiel als er mit seinen Predigten ins Gotteshaus brachte. Dazu kamen dessen Spötteleien über das pharisäerhafte Pfaffentum und eine vermeintlich unchristliche Lebensweise, darunter der Vorwurf des Ehebruchs – in Ludwigsburg seinerzeit eine Modesünde.

   Der Dekan mahnte Schubart wegen des unchristlichen Lebenswandels erst ab, 1773 folgte die Exkommunikation. Danach musste der einstige Geislinger Schulmeister nach herzoglichem Erlass mit Hinweis auf Ehebruch sowie auf öffentlich verbreitete Schmierschriften das Herzogtum Württemberg verlassen. Friedrich Schiller wurde unter Zilling konfirmiert.

 

Friedrich Schiller und sein Vorbild Schubart

   Der junge Friedrich Schiller (1759-1805) hatte gleich mehrere Berührungspunkte mit Schubart. Er und seine Freunde haben Schubarts Texte wohl geradezu verschlungen – vergleichbare Veröffentlichungen gegen den Adel und den Klerus gab es nicht, standen sie doch für einen bewundernswürdigen Freigeist. Es ist davon auszugehen, dass es schon in Ludwigsburg zu Begegnungen zwischen Schiller und dem Organisten und Musikdirektor aus Geislingen kam. Schiller wohnte von 1766 bis 1773 in Ludwigsburg, Schubart von 1769 bis 1773, Dekan Zilling kannte er aus der Konfirmandenzeit.

   Kerkermeister Rieger war Schillers Pate. Diese Verbindung ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass Schiller sein heimliches Idol auf dem Hohenasperg besuchen konnte (1781). Schubarts Fabel Zur Geschichte des menschlichen Herzens inspirierte Schiller zu seinem Freiheitsdrama Die Räuber. Das Verhalten des Herzogs von Württemberg gegen Schubart verschärfte Schillers Hass auf den Despoten. Schiller und Goethe haben sich für Schubarts Freilassung eingesetzt.

   In dem Drama Kabale und Liebe, 1784 in Frankfurt uraufgeführt, hat Schiller die Geschichte von Karl Eugen und Franziska von Leutrum beziehungsweise von Hohenheim verarbeitet. Thematisiert sind unter anderem das Mätressenwesen und die Intrigenpolitik. In dem Stück wird Franziska von Hohenheim durch die Rolle der Lady Milford dargestellt.

 

Schubart,der Dichter, Musiker, Komponist, Journalist

   Wenn von Schubart, dem Dichter, Musiker und Komponisten gesprochen wird, dann ist unter anderem auf seine Gedichte zu verweisen, die er selbst vertont hat – darunter Die Forelle. Weiter auf seine Zeit in Ludwigsburg, dort hatte er die Stelle des Organisten und Musikdirektors inne (1769-1773). Bekannt ist, dass sein kirchliches Orgelspiel beliebt war, er es auf Kosten von Dekan Zilling, der seine Predigten kürzer halten sollte, ausbauen wollte.

   Von Schubart stammt der Ausspruch hinsichtlich seiner musikalischen Fähigkeiten: »… äußerte sich in mir ein so glückliches musikalisches Genie, daß ich einer der größten Musiker geworden wäre, wenn ich diesem Naturhange allein gefolgt wäre. Im achten Jahre übertraf ich meinen Vater schon im Clavier, sang mit Gefühl, spielte die Violin, unterwies meine Brüder in der Musik und setzte im neunten oder zehnten Jahre Galanterie- und Kirchenstücke auf, ohne in allen diesen Stücken mehr als eine flüchtige Unterweisung bekommen zu haben.«

   Laut Goethe wurde er als Klaviervirtuose zu jener Zeit für unerreichbar gehalten. Mit seinen Anregungen zu einer Ästhetik der Tonkunst, die er während der Festungshaft verfasst hat und die erst nach seinem Tod erschienen sind (1806), schuf er ein wichtiges Werk bezogen auf das Musikleben seiner Zeit. Dazu gehören auch Volkslieder. Was er in Gassen hörte, hatte er vor allem in München versucht, verbunden mit eigenen Kompositionen, einem gebildeten Publikum näher zu bringen.

 

Das Gerücht um Schubarts Tod

   Laut David Friedrich Strauß, dem ersten Schubart-Biografen (1849), und dem Dramatiker Heiner Müller (1995) war Schubart, als er zu Grabe getragen wurde, nicht tot sondern scheintot. Demnach wäre er lebendig begraben worden. Das Gerücht entstand durch die Feststellung: Als etliche Jahre später der Friedhof abgeräumt wurde, entdeckte man, dass der Sarg von Schubart innen völlig zerkratzt war.

   Der Journalist, Dichter, Musiker und Komponist wurde auf dem Hoppenlauf-Friedhof in Stuttgart begraben. Viele Persönlichkeiten haben dort ihre letzte Ruhestätte. Darunter Wilhelm Hauff (Schriftsteller), Gustav Schwab (Schriftsteller), Johan Friedrich Cotta (Verleger), Johann Heinrich von Dannecker (Bildhauer), Emilie Zumsteeg (Sängerin, Pianistin, Komponistin).

   Der Friedhof wurde 1882 geschlossen. Heute gilt er als eine der ältesten noch existierenden Begräbnisstätten Stuttgarts. Er steht unter Denkmalschutz.

 

Quellenverzeichnis

Deutsche (Teutsche) Chronik, Christian Friedrich Daniel Schubart, 1774

Deutsche Chronik Augsburg: Aufs Jahr 1775, Christian Friedrich Daniel Schubart, Konrad Heinrich Stage, Augsburg, 1775

C. F. D. Schubart's Ideen zu einer Aesthetik der Tonkunst, Christian Friedrich Daniel Schubart, Ludwig Schubart, 1785

Vaterlandschronik, Christian Friedrich Daniel Schubart, Akademische Buchdruckerei, Stuttgart, 1787

Christian Friedrich Daniel Schubarts sämtliche Gedichte, Band 1, von Christian Friedrich Daniel Schubart, Hermanschen Buchhandlung, Frankfurt, 1787

Das Wetterleuchten über Europa am Ende des Jahrhunderts gesehen im Jahr 1788, von Christian Friedrich Daniel Schubart, 1788

Chronik, von Christian Friedrich Daniel Schubart, Verlag des Kaiserlichen Reichpostamtes, Stuttgart, 1790

Todesgesänge,von Christian Friedrich Daniel Schubart, Stagsche Buchhandlung, Augsburg, 1790

Schubart's Leben und Gesinnungen, Christian Friedrich Daniel Schubart, Ludwig Albrecht Schubart, Gebrüder Mäntler, Stuttgart, 1793

Todenglocke der Europaeischen Politik, von Christian Friedrich Daniel Schubart, 1799

Vermischte Schriften, Band 2, Christian Friedrich Daniel Schubart, Ludwig Schubart, Geßnerschen Buchhandlung, Zürich, 1812

Sämtliche Gedichte, Band 1, Christian Friedrich Daniel Schubart, Verlag der Hermannschen Buchhandlung, Frankfurt, 1825

Sämmtliche Gedichte, Band 3, Christian Friedrich Daniel Schubart, Hermannschen Buchhandlung, Frankfurt, 1825

C.F.D. Schubart's des Patrioten gesammelte Schriften und Schicksale, Bände 1-2, J. Scheible's Buchhandlung, 1839

Gesammelte Schriften und Schicksale: Vermischte Schriften; 3. Theil, Band 8, Christian Friedrich Daniel Schubart, Ludwig Schubart, J. Scheible´s Buchhandlung, Stuttgart, 1840

Deutsche Dichter der Gegenwart: erläuternde und kritische Betrachtungen, Band 1, Carl Conrad Hense, J. R. Rohland, 1842

Christian Friedrich Daniel Schubart's Leben in seinen Briefen, Band 1, David Friedrich Strauß, Verlag von Alexander Dünker, Berlin, 1849

Neues Konversations-Lexikon: Ein Wörterbuch des allgemeinen Wissens, Herrmann Julius Meyer, 2. Auflage, 5. Band, 1863

Lehrbuch der Geschichte der deutschen Nationalliteratur, Ferdinand Seinecke, Schmorl & von Seefeld, Hannover, 1866

Gedichte - Aus der "Deutschen Chronik", Christian Friedrich Daniel Schubart, Reclam, 1978

Deutsche Chronik: Eine Auswahl aus den Jähren 1774-1777 und 1787-1791, Christian Friedrich Daniel Schubart, Evelyn Radczun, Reclam, 1988

Christian Friedrich Daniel Schubart - Journalist, Musiker und Dichter der Freiheit, Alexander Hartmann, Aus der Neuen Solidarität Nr. 51, 1999

Schubart: Der unbürgerliche Bürger, Bernd J. Warneken, Die Andere Bibliothek/Eichhorn, Frankfurt, 2009

Der aufgeklärte Feuerkopf, welt.de, 2009

Ein feuriger Rebell: Die Lebensgeschichte des Christian Friedrich Daniel Schubart, Fritz Streitberger, Frieling, Berlin, 2011

Politischer Journalismus im 18 Jahrhundert, Kira-Katharina Brück, VDM Publishing, 2011

Marginalien zur Geschichte: Der Dichter Schubart auf dem Hohenasperg, tlz.de, 2013

Hoppenlaufriedhof zerfällt, stadtanzeiger-im-netz.de, 2013

 

Links zu Schubart-Informationsquellen

www.deutsche-digitale-bibliothek.de

www.deutsche-biographie.de

www.schiller-institut.de

www.leo-bw.de

www.schubbi.org

www.archive-bw.de

www.de.wikipedia.org

www.dla-marbach.de

www.landeskunde-baden-württemberg.de

www.gutenberg.spiegel.de

www.goethezeitportal.de

www.museumsgesellschaft-ulm.de

www.literaturland-bw.de

www.ife.uzh.ch